#5485 by Heinrich
07:57, May 11, 2012 by Heinrich
[Event "Moskau 1935"]
[Site "?"]
[Date "2007.06.??"]
[Round "?"]
[White "Der entfernte Freibauer"]
[Black "4. Flohr - Romanowski"]
[Result "1-0"]
[Annotator ",HvB"]
[SetUp "1"]
[FEN "n1rr3k/p3nqp1/2p1pp1p/P7/3PPB2/3N4/4QPPP/1RR3K1 w - - 0 1"]
[PlyCount "89"]
{Diagramm # Die gleiche Gewinnstrategie erleben wir nun dem folgenden
Partiebeispiel. Weiß hat sich in der eröffnung und dem frühen Mittelspiel
einigen Vorteil herausgearbeitet und hätte diesen nun mittels Le3 sichern
könne. Aber mit geschultem Blick erkannte er eine andere Möglichkeit} 1. Rb7 $1
Rxd4 2. Nc5 $1 {Der Bauer a7 läuft nicht weg. Im Moment ist es wichtiger, den
e-Bauer zu decken.} e5 3. Be3 {
Dieser Zug ist nur möglich, weil zuvor der e-Bauer gedeckt wurde.} Rdd8 4. Rxa7
{Nun ist es offenbar: Weiß hat sich einen entfernten Freibauer geschaffen und
richtet in der Folge sein Spielkonzept danach aus.} Nc7 $1 5. h3 {Offensichtlic
h faßt Weiß Dc4 in Betracht. Dafür muss einem Grundreihenmatt vorgebeugt
werden. Prophylaxe!} Nb5 6. Rb7 Nd6 7. Rb2 Nb5 {Ein beeindruckendes
Springersolo! Schwarz hat sein Springerproblem gelöst und gleichzeitig den
gegnerischen Turm aus der eigenern Stellung vertrieben, Wenn Weiß trotzdem
klar besser steht, so liegt das an seinem beweglichen entfernten Freibauern.
Der ist eine Macht!} 8. Rd2 f5 $5 {
Diagramm # Schwarz versucht zu verkomplizieren.} 9. f3 $1 {Dies ist ein
wichtiger Moment in der Partie. In vielen Amateurpartien wäre hier
vermutlich exf5 erfolgt, mit einer Verkomplizierung der Spielsituation. Wenn
man sich aber die Spielsituation vor Augen führt, so wird schnell klar, dass
eigentlich nur der Schwarze davon profitieren kann. Er steht aufgrund des
entfernten Freibauern schlechter und muss Abtäusche und den Übergang in ein
schlechteres Endspiel befürchten. Da käme ihm ein unübersichtliches
"Kampfgetümmel" gerade recht. Weiß dagegen wäre wirklich schlecht beraten,
sich nun in irgendwelche "Scharmützel" fernab seiner eigenen Spielidee
einzulassen. Salo Flohr, einer der weltbesten Spieler seiner Zeit, hält
jedenfalls an seinem Spielkonzept fest.} fxe4 $6 ({Nach} 9... f4 10. Bf2 {
bliebe der Königsflügel geschlossen . Gemäß der Devise, dass man mit einer
Schwäche "überleben" kann, wäre dies durchaus eine sinnvolle Remisstrategie
gewesen. Aber dazu später noch mehr.}) 10. fxe4 Ng6 11. Qg4 $1 {Nicht, dass
hier ein falscher Eindruck entsteht. Weiß versucht hier nicht etwa, einen
Königsangriff zu starten, sondern er hat eigentlich nur eines im Sinn:
Abtausch der Schwerfiguren, denn alle Leichtfiguren-Endspiele sind aufgrund
des entfernten Freibauern sehr günstig für Weiß.} Kh7 (11... Rxd2 $4 12. Qxc8+
$18) 12. Rf2 Qe7 13. Rcf1 {Es droht Tf7} Rf8 14. Qe6 $1 Qxe6 15. Nxe6 Rxf2 16.
Rxf2 Re8 17. Nc5 {Diagramm # Weiß kann wirklich zufrieden sein. Vier
Schwerfiguren sind vom Brett verschwunden und sein angestrebtes Endspiel mit
dem entfernten Freibauern ist nähergerückt.} Ra8 18. a6 Kg8 19. Ra2 ({
Hier hätte ich vermutlich} 19. g3 {
bevorzugt, einfach um den Sg6 einzuschränken. Prophylaxe!}) 19... Nf8 ({
Hier hätte ich vermutlich mal} 19... Nf4 {angetestet.}) 20. Bf2 $1 {Nach dem Pr
inzip des Attackieren der zweiten Schwäche, wird nun der e-Bauer ins Visier
genommen.} Kf7 21. Bg3 Ng6 22. Rd2 $1 Ra7 23. Rd7+ $1 {Nun hat Weiss sein
angestrebtes Ziel erreicht. alle Schwerfiguren - bis auf die Könige- sind vom
Brett verschwunden. Verheißingsvolle Endspiele warten auf ihn} Rxd7 24. Nxd7
Ke6 25. Nc5+ Kd6 26. Bf2 Nc7 $6 {Warum nicht} (26... Nf4 $142 $5 $16) 27. g3 $1
{Na endlich!} Na8 {Weiss hat bislang fast alles richtig gemacht. Die schwarzen
Figuren sind durch den entfernten Freibauern und die weißen Leichtfiguren .
Nun schlägt die Stunde des weißen Monarchen. Er versucht nach bekanntem Muster
in die Stellung einzudringen und sich über die schwarzen Bauern herzumachen}
28. Kg2 Ne7 29. Kf3 g6 $1 {Schwarz sichert mechanisch die Einbruchsfelder} 30.
Nd3 $1 {Diagramm # Es gilt die letzte Verteidigungslinie von Schwarz zu
durchbrechen. Deshalb gruppiert Weiß seine Figuren noch einmal um. Der
Springer soll von a5 aus den schwarzen könig an den Bauern c6 binden und der
Läufer via c5 und f8 die "Bauernpalisade" g6-h6 zerstören} Nc8 31. Bc5+ Ke6 32.
Nb2 $1 {Nun droht Weiß mit dem Manöver Sc4 und Sa5. Danach wäre der König an
die Verteidigung des Bc6 gebunden. Anschließend folgt das Manöver Lc5 und Lf8,
wonach wohl nur noch h5 bliebe. Danach dringt der weiße König leicht dort ein}
Nd6 {Angesichts des soeben beschriebenen Planes zieht Schwarz wohl ein Ende
mit Schrecken vor} 33. Bxd6 $1 Kxd6 34. Nc4+ Kc5 (34... Ke6 {bietet ebenfalls
keine Rettung. Der weiße König wandert ungehindert bis nach c5 und dann folgt
Sb6} 35. Ke3 Kf6 36. Kd3 Ke6 37. Kc3 Kf6 38. Kb4 Ke6 39. Kc5 Kf6 40. Nb6 Nc7
41. a7 $18) 35. Nxe5 Kb6 36. Nxg6 Kxa6 $18 {Für die Eroberung des entfernten
Freibauern hat schwarz einen hohen Preis zalen müssen. Die Partie ist
nunentschieden. Es folgte noch} 37. e5 Kb7 38. Ke4 Kc7 39. Kf5 Kd7 40. e6+ Ke8
41. Ne5 $1 c5 {Ironie des Schicksals: Zwar besitzt schwarz nun einen
entfernten freibauern, aber der hilft ihm nicht mehr} 42. Nd7 $1 c4 43. Nf6+
Kf8 44. Nd5 Kg7 45. Ke4 1-0
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